Berghofer Geschichte(n) 

Einige neuere Straßennamen in Berghofen und ihre Bedeutung

 

Als am 1. August 1929 das Dorf Berghofen, die ehemalige Bauerschaft, in die Großstadt Dortmund eingemeindet wurde, ergab sich die Notwendigkeit, zahlreiche Straßennamen zu ändern, um Doppelungen und damit die Gefahr von Verwechslungen mit den schon in Dortmund bestehenden Straßen zu vermeiden. So wurde z.B. aus der Berghofer Bachstraße der Igelweg, die Elisabethstraße wurde zum Iltisweg, die ehemalige Feldstraße zum Fasanenweg, die Freiligrathstraße zum Weidenbohrerweg, die Kapellenstraße zur Höchstener Straße, die Goethestraße zum Schwärmerweg, die Lessingstraße zum Eisvogelweg, die Schillerstraße zum Spannerweg und die Südstraße zum Hirschweg.

                      

In unserem Beitrag über den Berghofer Komponisten Haselhoff stellen wir kurz die neueren Straßennamen der Haselhoffstraße (seit 1964) und der Wilmsmannstraße (seit 1972) und ihre Namensgeber vor. Dabei handelt es sich um den Komponisten und Chorleiter August Haselhoff (1862-1945) und die Landwirtsfamilie Wilmsmann auf dem Wilmsmannhof, die von 1851 bis 1869 – wie auch schon D. W. Haselhoff, der Vater von August Haselhoff, als Vorgänger des Bauern Wilmsmann von 1843 bis 1851 – den Gemeindevorsteher in Berghofen stellte.

 

Aufgrund der ständig steigenden Zunahme der Bevölkerung des ehemaligen Dorfes durch die in der Berghofer Mark und im Grenzbereich zu Schüren entstandene neue Wohnbebauung mussten entsprechende Erschließungsstraßen geplant, gebaut und mit neuen Namen gewidmet werden. Die Benennung neuer Straßen ist ein angestammtes Recht der jeweils zuständigen Bezirksvertretung (BV), in diesem Falle also der BV Aplerbeck. Berghofen ist der westlichste Vorort des kommunalen Stadtbezirkes Aplerbeck.

 

Die beiden in der Berghofer Mark vom Schönen Pfad nach Südwesten Schild Vikar-Kleffmann-Wegabzweigenden, durch einen kurzen Fußweg miteinander verbundenen Sackgassen-Stichstraßen wurden im Jahre 2003 nach den beiden unter den Nazis verfolgten Geistlichen benannt: der Pfarrer-Klinzing-Weg nach dem Pfarrer der evangelischen Gemeinde Bernhard Klinzing (1907-1941) und der Vikar-Kleffmann-Weg nach seinem katholischen Amtsbruder Ludwig Kleffmann (1904-1982). Klinzing war ab 1933 als Hilfsprediger und ab 1934 als Pfarrer an der Kreuzkirche tätig. Er gehörte mit dem gesamten Presbyterium der Bekennenden Kirche an. Als Pfarrer Martin Niemöller ins KZ abgeführt wurde, ließ Klinzing aus Protest nur die große, dunkle der drei Kirchenglocken läuten und wurde mehrfach von der Gestapo verhört. Er fiel im Zweiten Weltkrieg im Alter von nur 33 Jahren an der Ostfront in Russland. Ludwig Kleffmann trat 1931 auf dem Höchsten seine erste Vikarsstelle an und war dann dort bis 1948 in der katholischen Gemeinde St. Kaiser Heinrich als Pfarrvikar in der Seelsorge tätig. Mit dem evangelischen Pfarrer Hermann Rüter verband ihn eine tiefe Freundschaft. Kleffmann wurde während seiner Predigten in der Kirche wiederholt von den Nazis bespitzelt. Unter dem Druck der nationalsozialistischen Machthaber litten die beiden christlichen Gemeinden, deren Geistliche damals schon früh mit ihnen gemeinsam die Ökumene lebten. Mit diesen ihre Namen verewigenden Straßenbenennungen sollte den beiden den Nazis mutig widerstehenden Kirchenmännern Bernhard Klinzing und Ludwig Kleffmann ein freiheitlich-demokratisches Denkmal gesetzt werden, das besonders in der heutigen Zeit mit ihren zunehmenden populistisch-nationalistischen Tendenzen mehr denn je Not tut.

 

In dem Geländedreieck zwischen Apolloweg,Schild Kaisermantelweg Erlenbachstraße und Ostkirchstraße wurde der städtische Bebauungsplan AP 200 mit einer Einfamilienhaus-Siedlung realisiert. Dabei plante man ein System von sechs Erschließungsstraßen, für die passende Namen zu finden waren. Der neue Kaisermantelweg (seit 2005) – benannt nach einem farbschönen Schmetterling aus der Familie der Edelfalter, dem größten mitteleuropäischen Perlmutterfalter – fängt dabei gegenüber dem schon seit 1940 bestehenden, etwas düster klingenden Trauermantelweg eine viel positivere Stimmung ein. Beide Namen sind Bestandteil der den Schmetterlingen gewidmeten Straßen der unmittelbaren Umgebung. Dazu gehören zum Beispiel auch der Falterweg, der Kohlweißlingsweg, der Pfauenaugenweg, der Schwärmerweg und der schon erwähnte Trauermantelweg. Somit hat der Apolloweg (seit 1929) nicht dem Gott der griechischen und der römischen Mythologie, sondern dem nach ihm benannten Apollofalter seinen Namen zu verdanken. Auf diesen Deutungsirrtum gehen die drei folgenden Straßennamen zurück. Der Zeusweg, wie der Kaisermantelweg im Jahre 2005 so benannt, bezieht sich auf den obersten olympischen Gott der griechischen Mythologie. Der Heraweg trägt, ebenfalls seit 2005, den Namen der Gattin – und gleichzeitig der Schwester – des Zeus.

 

Der Name Heliosweg – Helios ist der Sonnengott der griechischen Mythologie – stellt zwar auch im Hinblick auf den Schmetterlingsbezug des Apollo(falter)weges eine fehlerhafte mythologische Anspielung dar, er ist aber bezüglich der in diesem Bereich erbauten teilweisen Solarsiedlung absolut nachvollziehbar und sinnvoll. Die beiden neuen Straßennamen Stuckmannshof und Mortmannshof beziehen sich auf zwei ehemalige Bauernhöfe, die in etwa im Bereich dieser Neubausiedlung bestanden hatten. Sie werden in der Liste der zehntpflichtigen Berghofer Bauerngüter von 1586 aufgeführt. Auch diese drei neuen Straßen erhielten ihre Namen im Jahre 2005.

 

Angesichts der schon recht dichten Bebauung unseres 12.000 Einwohner zählenden Vorortes ist wohl kaum noch mit vielen neu zu projektierenden Straßen zu rechnen. Wer sich aber gerne über weitere, schon länger existierende Straßennamen informieren möchte, der sei auf die drei Aufsätze des früheren Stadtheimatpflegers Dr. Ingo Fiedler in den Ausgaben des „Berghofer Blicks“ von 3/1985, 4/1985 und von 1/1986 bzw. den Sammelband mit 40 Artikeln aus dem „Berghofer Blick“ unter dem Titel „Aus Berghofens Vergangenheit“ (1994) verwiesen. Das Bändchen ist leider vergriffen und eventuell nur noch antiquarisch zu erhalten.

 

Dieter Tillmann